Unsere Co-Worker im Citizen Space, das junge Unternehmen Koa, setzen auf den süssen Saft der Kakaopflanze – er schmeckt vorzüglich und lässt sich vielseitig einsetzen. Die von ihnen aufgebaute Wertschöpfungskette ist aber mehr als ein Food-Trend: Koa steht für soziale, ökologische und wirtschaftliche Verantwortung im ländlichen Afrika.

Begonnen hat alles mit Solaranlagen. Die beiden Betriebswirtschafter Benjamin Kuschnik und Anian Schreiber projektierten, entwickelten und finanzierten Solarprojekte in Europa und Westafrika. Ganz glücklich wurden sie aber nicht dabei: So versorgten sie zwar Unternehmen mit Elektrizität, aber Benjamin und Anian vermissten eine nachhaltige soziale Wirkung ihrer Arbeit. Sie beschlossen, sich auf die ländliche Bevölkerung zu konzentrieren und holten dazu Verstärkung an Bord: Über LinkedIn wurden sie auf den Ghanaer Michael Acquah aufmerksam, Doktorand an der Technischen Universität Cottbus.

Die drei Koa-Gründer Benjamin Kuschnik, Michael Acquah und Anian Schreiber. (Bild: Akos Neuberger)

Zahlreiche Stärken vereint

Aus ihrem grossen Wissen über Solarsysteme und Michaels gutem Zugang zu Kakaobauern reifte die Idee: Benjamin, Anian und Michael wollten die Wertschöpfung rund um die Kakaopflanze erhöhen, indem sie mit einer mobilen, solarbetriebenen Anlage den Saft der Kakaopflanze gewinnen und vermarkten. Ein Novum – das süsse und saftige Fruchtfleisch der Kakaofrucht wird zwar im gesamten «Kakaogürtel» entlang des Äquators gern gelutscht, ist aber ein bislang ungenutzter Rohstoff. Um den Saft zu gewinnen, fehlt meist die technische Ausrüstung. Wird der leicht verderbliche Saft nicht rasch gekühlt, fermentiert er und verändert sich in Farbe und Geschmack.

«Wir sahen grosses ungenutztes Potential in den ländlichen Gegenden Ghanas», so Benjamin, «Elektrizität erlaubt den Einsatz von Maschinen und Kühlung und schafft so eine nachhaltige Einkommensmöglichkeit». Die drei Gründer kauften handelsübliche Obstpressen und sammelten während rund eines Jahrs Erfahrungen: Wie muss die Frucht ausgepresst werden und wie reagiert der Saft? Sind die Bohnen danach immer noch für die Weiterverarbeitung zu Schokolade geeignet? Um die Idee hinter Koa sanft in die traditionellen Lebens- und Arbeitsweisen zu integrieren, waren die Rückmeldungen der Bauern von grosser Bedeutung.

Die Kakaofrüchte werden aufgeschnitten und das Fruchtfleisch ausgepresst – die Bohnen bleiben unversehrt und werden für die Schokoladenherstellung weiterverkauft. (Bild: Koa)

Die Solartechnologie spielt eine Schlüsselrolle: Die mobile Entsaftungsanlage und ein «Labor» für die Qualitätskontrolle lassen sich dank Solarpanelen direkt auf den Kakaofarmen betreiben. Die aufgeschnittenen Früchte werden ausgepresst und der Saft sofort gekühlt – vor den Augen der Kakaobauern. Die Bohnen nehmen diese wieder mit und verkaufen sie wie gehabt für die Weiterverarbeitung zu Schokolade.

Den Geschmack getroffen

Der Fruchtsaft – ganz ohne Zusatzstoffe – weckte mit seinem vielschichtigen Geschmack das Interesse der Gastronomie, Patisserien und Sterneküchen in Europa. Ob als süsse und fruchtige Zutat oder auch für herzhaft-würzige Gerichte: Die Aromavielfalt des Safts reicht von Marzipan, Mango über Johannisbeere bis hin zu Heu, Birke oder Tomate. Bisher beliefert Koa Firmen im B2B-Bereich, unter anderem den Schwyzer Schokoladenhersteller, die Max Felchlin AG. In Ghana steht der Markteintritt in Kürze bevor – mit vielversprechenden Aussichten, denn dort ist der Rohstoff Kakaofruchtsaft so bekannt wie Coca-Cola. Um die steigende Nachfrage zu decken, erstellte Koa 2018 in Ghanas Central Region eine eigene Fabrik. Dort können nach der Erweiterung im kommenden Frühjahr pro Jahr 250 Tonnen Saft gefiltert, pasteurisiert, verpackt und gekühlt werden, bevor sie nach Europa gelangen.

Der fruchtige Kakaosaft eignet sich für feine Dessert-Kreationen, wie hier von Kay Baumgardt, Patissier des Jahres 2020 – aber nicht nur! (Bild: Akos Neuberger)

Seit Beginn mit dabei ist auch die Forschung: Die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist ein wichtiger Partner bei der technischen Entwicklung der mobilen Einheit und der Fabrik. Da der Saft bisher nur lokal verbreitet war, gibt es wenig wissenschaftliche Daten dazu. Zusammen mit Koa untersuchen Forschende am Institut für Lebensmitteltechnologie der ETH Zürich weitere Anwendungsbereiche und Verarbeitungsschritte.

Bio aus Ghana

Mit der mobilen, solarbetriebenen Entsaftungs-anlage werden die Früchte direkt vor Ort zu Saft verarbeitet. (Bild: Koa)

Auf die Zukunft von Koa angesprochen, rechnet Benjamin schmunzelnd vor: «In Ghana gibt es 800 000 Kakaobauern, mit 1000 arbeiten wir bisher zusammen – wir können also noch 799 weitere Fabriken errichten». Ganz so viele werden es wohl nicht, aber in den nächsten Monaten ist eine zweite Fabrik in der Central Region geplant. Mit weiteren mobilen Anlagen möchte Koa seine Kapazität verdoppeln und neue Vertriebspartner gewinnen. Die Fabriken sollen ihren Strombedarf zudem künftig komplett selber produzieren – dank grosser Solaranlagen. Und nicht zuletzt strebt Koa die Biozertifizierung ihrer Produkte an. In Ghana arbeiten bereits 34 Personen für Koa, während sich in Zürich fünf Köpfe um Finanzen, Marketing, Vertrieb, Entwicklung, Qualität und die gesamte Wertschöpfungskette kümmern. Wir sind von der Idee und der nachhaltigen Umsetzung begeistert und wünschen unseren Co-Workern alles Gute für die Zukunft!

(Titelbild: Akos Neuberger)