Schreiben mit der künstlichen Intelligenz – ein Feldversuch
7. März 2023
schrieb amAuch wenn wir es uns manchmal nicht vorstellen können: Künstliche Intelligenz (KI) kann auch das Schreiben von Texten revolutionieren. KI-Systeme können Texte auf ein neues Niveau heben, indem sie schneller schreiben, inhaltlich komplexere Texte verfassen, Grammatikfehler beseitigen und vieles mehr.
Der Lead dieses Artikels, den Sie soeben gelesen haben, stammt unverändert von einer KI. Schon nach diesen ersten Sätzen, die mir die App Neuroflash (als Alternative zur oft überlasteten ChatGPT) auf die Frage «Schreiben mit künstlicher Intelligenz», ausspuckt, ist mir klar: Sprachlich überzeugt das Ergebnis nicht gerade – in 192 Wörtern kommt 13-mal das Verb «können» vor. Aber sehen Sie selbst, wie es nach der Einleitung weiterging:
Wie kann KI das Schreiben von Texten revolutionieren?
(…) Wenn KI die besten Arbeiten der Menschen übertrifft, können sich Autoren auf die Ideen konzentrieren, die sie in ihren Texten vermitteln möchten, anstatt sich völlig auf das Verfassen und die Bearbeitung ihrer Texte zu konzentrieren. KI-Texterstellung kann auch den kreativen Prozess für Autoren unterstützen. KI-Systeme können Autoren bei der Erstellung eines einzigartigen Schreibstils unterstützen, indem sie ihnen helfen, Texte zu erstellen, die ihre eigene Stimme und Persönlichkeit wiedergeben. KI-basierte Systeme können auch dazu beitragen, dass Texte zu einem bestimmten Zweck klar, präzise und informativ sind. Schließlich können KI-Systeme Autoren auch bei der Suche nach relevanten Fakten oder Informationen unterstützen, die in einem Text verwendet werden können. Insgesamt kann KI die Art und Weise, wie Autoren Texte erstellen, durch unterstützende Technologien wie automatische Textgenerierung, Schreibstilunterstützung und die Unterstützung bei der Suche nach relevanten Informationen revolutionieren. Diese Technologien können Autoren dabei helfen, schöne, klar verständliche Texte zu schreiben, die die Leser inspirieren und unterhalten.
Die KI erledigt die erste Denkarbeit
Stilistisch ist der Text keine Bravourstück – doch wie sieht es mit dem Inhalt aus? Tatsächlich greift der Text zahlreiche Vorteile auf, die künstliche Intelligenz den Autorinnen und Autoren bieten kann. Über die Logik der Reihenfolge lässt sich streiten: So würde ich wohl die Recherche der Fakten für einen Artikel vor die Entfaltung des persönlichen Schreibstils stellen, aber das sind Spitzfindigkeiten.
Die künstliche Intelligenz gibt also grob Struktur und Inhalt eines Textes vor, der dann ein menschliches Wesen lediglich mehr oder weniger stark redigieren muss – klingt verlockend und spart mit Sicherheit Zeit. Gesagt, getan – so liest sich der Text fast ohne «können» und weiteren 100 Wörtern, die ich wegen inhaltlichen Wiederholungen getrost weglassen konnte:
Auch wenn wir es uns noch nicht vorstellen können: Künstliche Intelligenz (KI) dürfte das Schreiben von Texten revolutionieren. KI-Systeme schreiben schnell inhaltlich komplexe Texte ohne Grammatikfehler. Die menschlichen Schreiberlinge können sich in der Folge voll aufs kreative Texten und die Ideen, die sie vermitteln möchten, konzentrieren. Die KI übernimmt auch gleich die dazu notwendige Recherche, wie praktisch. Sogar den persönlichen Schreibstil vermag die KI zu erkennen, um ihn künftig in die Texte einfliessen zu lassen – ohne dass diese inhaltlich an Klarheit, Präzision oder Informationsgehalt verlieren.
Ist der Mensch ersetzbar?
Inzwischen, an einem Freitag, ist auch ChatGPT verfügbar (guter Tipp – vormittags versuchen, wenn Amerika noch schläft). Mit dem Chatbot des amerikanischen Unternehmens OpenAI will ich herausfinden, wie eine KI mit etwas komplexeren Themen umgeht. So frage ich, wie wir in der 9-Millionen-Schweiz wohnen werden:
In der 9-Millionen-Schweiz leben die meisten Menschen in Städten und städtischen Regionen. Die Art und Weise, wie wir wohnen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. unserem Einkommen, unserem Familienstand, unserer Lebensweise und unseren individuellen Präferenzen. In den Städten sind Wohnungen und Wohnblocks die häufigste Wohnform, während in ländlichen Gebieten Ein- oder Mehrfamilienhäuser und Bauernhöfe üblicher sind. Der Trend geht jedoch auch in der Schweiz in Richtung Urbanisierung, d.h. immer mehr Menschen ziehen in die Städte.
Da die Schweiz eine relativ wohlhabende Nation ist, sind die meisten Wohnungen und Häuser in der Schweiz von hoher Qualität und verfügen über moderne Ausstattung wie z.B. Heizung, sanitäre Einrichtungen und Küchengeräte. Die meisten Wohnungen sind außerdem gut isoliert, um den hohen Energiekosten in der Schweiz gerecht zu werden. In den Städten sind Wohnungen oft teuer und können eine hohe Miete oder Kaufpreis haben. Es gibt jedoch auch staatlich geförderte Wohnungen und Sozialwohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen. Einige Menschen entscheiden sich auch für alternative Wohnformen wie z.B. Tiny Houses, Wohngemeinschaften oder Co-Housing-Projekte. Insgesamt ist die Wohnsituation in der Schweiz vielfältig und hängt stark von den individuellen Umständen und Präferenzen ab.
Sprachlich ist das Resultat passabel. Inhaltlich geht der Text nicht speziell auf den neuen Bevölkerungsrekord ein, sondern beschreibt ziemlich allgemein das Leben in der Schweiz. Stutzig wurde ich bei der Aussage «Der Trend geht jedoch auch in der Schweiz in Richtung Urbanisierung, d.h. immer mehr Menschen ziehen in die Städte.» Wollen etwa nicht alle – spätestens seit Corona – raus aufs Land ins Einfamilienhaus? Ein kurzer Blick in die Statistik zeigt: Bezieht sich die Aussage nicht nur auf die grossen Schweizer (Kern-)Städte, sondern auf die gesamte Agglomeration, stimmt die Aussage natürlich – drei Viertel aller Schweizerinnen und Schweizer leben in diesen Gebieten. Ein menschlicher, landeskundiger Schreiberling hätte dies aber wohl intuitiv präziser formuliert, um Missverständnissen vorzubeugen.
Schneller, aber nicht immer besser
Blogbeitrag, Motivationsschreiben für die Bewerbung, Medienmitteilung oder Produktbeschreibung? Die Anwendungsbeispiele für das Schreiben mit künstlicher Intelligenz zeigen auf, dass es zwar Qualitätsunterschiede bei den verschiedenen Anbietern gibt, aber für zahlreiche Textsorten erleichtert der KI-Einsatz tatsächlich die Arbeit.
Die Reise der automatisierten Texterstellung ähnelt derjenigen des maschinellen Übersetzens. Sorgte diese in den Anfangszeiten für Lacher, haben die Übersetzungen inzwischen – dank «deep learning» mit leistungsstarken künstlichen neuronalen Netzwerken, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind – ein ansprechendes Niveau für den Alltagsgebrauch erreicht. Sobald bei der Erstellung von Texten als auch bei Übersetzungen aber anspruchsvolles Fachwissen, ein komplexer Textaufbau oder sprachliche Finessen gefragt sind, dürfte der Mensch noch eine Weile die Nase vorn haben. Auch wenn es darum geht, neue Erkenntnisse zu generieren oder jüngste Fakten einzubringen, zieht die KI den Kürzeren – schliesslich kann sie sich lediglich auf vorhandene (und in der Regel mehrfach publizierte) Inhalte im Netz beziehen.
Bild: Unsplash/Markus Winkler